Market.Talk … Banken bleiben im Fokus der Aufmerksamkeit

Nach Übernahme der CS durch die UBS  - immerhin die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren - bleiben Banken im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Ist die Art der Rettung der CS nun das Vorbild für Aufsicht und Notenbanken für ähnliche Fälle? 

Da stellt sich die kritische Frage, ob aus der Finanzkrise 2008 tatsächlich Lehren gezogen wurden und die vergangenen 15 Jahre dazu genutzt wurden, die Rahmenbedingungen so zu reformieren, dass das System tatsächlich stabiler und sicherer wurde.

Gehen wir dieser Frage einmal gemeinsam auf den Grund und versuchen wir gleichzeitig zu beantworten, was das für uns Anleger bedeutet.

Gibt es nach der Finanzkrise 2008 heute für den Krisenfall Verfahren und Instrumente für Notfall-Liquiditätshilfen?

Die gute Nachricht zuerst. Ja, heute existieren für den Notfall jedenfalls Rettungsinstrumente und Verfahren sowie regulatorisch geforderte und geprüfte Notfall- und Abwicklungspläne in Banken.

Zudem gibt es dank strengerer Regulierung in Europa zweifelsfrei eine deutlich bessere Kapital- und Liquiditätsaustattung als 2008. 

Aber gerade die wiederaufgeflammte Bankenkrise hat deutlich gemacht, dass es noch Regulierung- und Aufsichtslücken gibt, die dringend zu schließen sind.

Die Antwort lautet also „Ja“.

War nach der Finanzkrise 2008 nicht ein erklärtes Ziel die Größe von Banken zu begrenzen und nich neue Bankenriesen entstehen zu lassen, die Staaten im Krisenfall mit dem Argument „too big to fail“ erpressen können?

Mit der Notübernahme der Credit Suisse entsteht eine Mammutbank mit einer Bilanzsumme von mehr als 1,5 Billionen Franken haben (Daten Stand Ende 2022). Im Vergleich dazu beträgt das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz knapp 0,8 Billionen Franken. Damit wird das neue Schweizer Finanzinstitut größer sein als die Deutsche Bank (Bilanzsumme 1,3 Billionen Euro) und die Bilanzsumme wird fast doppelt so groß sein, wie das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz. 

Die Antwort auf diese Frage muss nach der Zwangsübernahme der CS durch die UBS wohl ein „Nein“ sein.

War nach der Finanzkrise 2008 nicht auch ein erklärtes Ziel, die Bankenaufsicht dahingehend zu verbessern, dass toxische Geschäftsmodelle frühzeitig identifiziert und proaktiv korrigiert werden? 

Das systematische Problem: Um derartige Situationen wie sie bei der SVB zu verhindern, wurde nach der letzten Finanzkrise die Mindestliquiditätsquote für Großbanken eingeführt. Sie müssen nachweisen, dass sie 30 Tage lang die in diesem Zeitraum fälligen Einlagen auszahlen können. 

Die Regulierungs-Lücke: Als Regionalbank unterlag die SVB dieser Regulierung nicht. 

Die Aufsichts-Lücke: Der für ihre eigene Liquiditätsreserve offensichtlich zu hohe Einlagenbestand wurde der SVB beim Abzug erheblicher Teile dieser Einlagen dann auch zum Verhängnis. Diese Schwachstelle im Liquiditätsrisikomanagement wurde offensichtlich in 15 Jahren von den amerikanischen Aufsichtsbehörden nicht erkannt - oder wurde aufgrund von Lobbying bewusst offen gelassen.

Die Antwort lautet auf diese Frage „Jein“ - also teilweise Verbesserung mit erheblichen Schwächen.

Bietet die Einlagensicherung für Sparer*innen die Sicherheit, die sie verspricht?

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass die staatliche Einlagensicherung in Europa seit 15.8.2015 abgeschafft wurde. Basis der neuen gesetzlichen Regel­ung ist eine EU-Richtlinie. Der neu eingerichtete Einlagensicherungsfonds ist erst bis 2024 gefüllt. Politik und Banken kommunizieren trotzdem die Sicherheit der Spareinlagen, …

Woher kommen die Mittel der neuen Einlagensicherung?

Die finanziellen Mittel für die neue Einlagensicherung stammen aus jährlichen Beiträgen, die die Mitglieds-Banken an die Einlagensicherung entrichten müssen.

Ist die Zielausstattung angemessen?

Der  Einlagensicherungsfonds muss über Finanzmittel in der Höhe von zumindest 0,8 % der Summe der gedeckten Einlagen der Mitgliedsinstitute verfügen. Für Österreich bedeutet das bei einem Einlagenvolumen von rund 230 Mrd. Euro eine Zielausstattung von 1,84 Mrd. Euro.

Für die  Beantwortung der Frage ist für österreichische Sparer*innen die Einschätzung des Schadenspotentials im Vergleich zur Zieldeckung abzuwägen:

  • Die Hypo Alpe Adria verursachte dem Steuerzahler seit dem Zusammenbruch im Zuge der Finanzkrise 2008 bis heute einen wesentlich höheren Schaden als 1,84 Mrd EUR.

  • Die jüngste Insolvenz der kleinen und relativ unbedeutenden Commerzialbank Mattersburg 2020 verursachte einen Schaden von 500 Mio. Euro für die österreichische Einlagensicherung. Auch hier steht nach wie vor ein Aufsichts- und Regulierungsversagen im Raum.

Es verwundert auch nicht, dass angesichts der durch die gestrauchelten Regionalbanken an die Oberfläche getretenen Regulierungs- und Aufsichtslücken in den USA und der dadurch entstandene Vertrauensverluste die US-Regierung auch diesmal gezwungen war, staatliche Garantien und Deckungszusagen abzugeben, um Markt und Sparer*innen zu beruhigen und einen gefürchteten Bank-Run zu verhindern.

Ob nun die Gestaltung und Zielausstattung der neuen Einlagensicherung in Europa bzw. in Österreich geeignet ist, damit sich Sparer*innen sicher fühlen, bleibt euch selbst überlassen. Jedenfalls kann nicht vorausgesetzt werden, dass Sparer*innen Bilanzanalysten sind. Es ist die Aufgabe von Regierungen und Aufsichtsbehörden, die Solidität des Bankensystems sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass Banken die Spareinlagen annehmen dürfen, auch sicher sind. 

Verbraucher müssen doch auch kein(e) Mechaniker*innen sein, um ein Auto sicher fahren zu können. Zulassungsbehörden und Hersteller sind in diesem Fall selbstverständlich dazu angehalten, Mindest-Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Dieser Anspruch sollte wohl auch für den Verkauf von Sparprodukten gerechtfertigt sein.

Die Antwort auf diese Frage erfordert also eine kritische und differenzierte Betrachtung.

Können dank der heutigen Prüfungspraxis der Aufsicht toxische Aspekte von Geschäftsmodellen frühzeitig erkannt werden und ist sie hinreichend mit Kompetenzen ausgestattet um wirkungsvoll und zeitnah korrigierend einzugreifen?

Schweiz: Im Fall der CS gab es über Jahre erkennbare Managementfehler und unangemessene Risikogeschäfte, die zu einer erkennbaren Gefährdung des Geschäftsmodells der altehrwürdigen Bank führten:

    • Da war zwischen 2004 bis 2007 laut Staatsanwaltschaft die Abwicklung von Geldwäschetransaktionen für die bulgarische Mafia. 

    • Dann verschwanden 2013 in Mosambik Millionen im Rahmen von fragwürdigen Kreditgeschäften einer britischen Tochtergesellschaft der CS.

    • 2016 und 2019 wurde eine Bespitzelungsaffäre öffentlich.

    • Beim Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos und der Greensill-Fonds verlor die CS Milliarden.

    • Das dieserart ramponierte Image führte zu Vertrauensverlusten und über Jahre zum massiven Abzug von Einlagen.

Viele Anleger haben die Zeichen augenscheinlich erkannt und ihr Geld abgezogen. Aber welche präventiven oder korrigierenden  Maßnahmen hat die Schweizer Bankenaufsicht gesetzt?

Frankreich: Jüngst gerieten renommierte französische Banken wie Société Générale, BNP Paribas, HSBC in den Fokus von Razzien und Ermittlungen der französischen Finanz-Staatsanwaltschaft PNF im Zusammenhang mit steuerlich motivierten sogenannten „Cum-Ex-Dividenden-Geschäften“. Derzeit wird davon ausgegangen, dass es sich um Verfehlungen von Einzelpersonen handelt.

Deutschland: Die Deutsche Bank hat zahlreiche Rechtsstreitigkeiten. So gibt es beispielsweise einen Rechtsstreit in den USA, in dem die Deutsche Bank beschuldigt wird, bei der Überwachung von Kundenkonten versagt und dadurch Geldwäsche ermöglicht zu haben. Ein weiteres Beispiel ist ein Verfahren in Italien, in dem die Deutsche Bank wegen angeblicher Marktmanipulation angeklagt wurde. Was sagt das über die Kultur und das Geschäftsmodell aus? Was sagte Bundeskanzler Olaf Scholz auf einer Pressekonferenz nach einem EU-Gipfel in Brüssel? Er sieht kein Grund zur Sorge: "Die Deutsche Bank hat ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert und neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank." Das Vertrauen der Investoren hält sich jedoch in Grenzen und „der Markt“ reagiert äußerst nervös, was sich nicht zuletzt an der Volatilität der Kurse der Deutsche Bank- und Commerzbank-Aktie ablesen lässt. Was sagt der oberste Bankenaufseher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (BaFin), Raimund Röseler zur aktuellen Bankenkrise: "Wir sind schon ziemlich entspannt", auch wenn er eingesteht, dass es "eine echte Nervosität im Markt" gibt.

Dabei ist zu bedenken, dass der Fall Wirecard und die unglückliche Rolle der deutschen Aufsichtsbehörde BaFin noch nicht restlos aufgearbeitet ist. Der Skandal des Dax-Unternehmens Wirecard ist Gegenstand zahlreicher Dokumentationen und Artikel und würde wohl einen eigenen Blog füllen. 

Vielleicht glauben Verantwortliche mit solchen Botschaften beruhigend zu wirken? Eines ist  festzustellen: Problembewusstsein sieht anders aus. Beruhigt dich das? Wenn nicht, kann man hoffen, dass hinter verschlossener Tür anders agiert wird.

Auch hier ist eine abschließende Antwort schwierig und die Sache ist tatsächlich komplex. Man darf „die Aufsicht“ bestimmt nicht pauschal über einen Kamm scheren. Man muss fair sein und Anstrengungen als auch Komplexität anerkennen. Es steht niemanden zu, von außen pauschal zu urteilen. Man darf aber angesichts der Situation kritische Fragen stellen.

Ein Schluss ist aber gerechtfertigt:

„Nie alle Eier in einen Korb legen“ Auch nicht dann, wenn auf dem Korb „Spareinlagen“ steht.

Anleger*innen sollten sich nie blind auf das reibungslose Funktionieren „des Systems“ verlassen und bei der Veranlagung immer umsichtig und diversifiziert vorgehen. Wir dürfen uns nicht einer „Geldwertillusion“ hingeben. Wer Spareinlagen oder Geld in welcher Form auch immer besitzt, der besitzt nüchtern betrachtet nur eine Forderung und ist Gläubiger von Banken und Regierungen. In einer hoch verschuldeten Welt sollte man nicht nur Gläubiger sein. Das gilt auch für einen 100 Euro-Schein. Der Wert des Stücks Papier beruht alleine auf dem Vertrauen in ein Versprechen der Notenbanken und Regierungen. Je größer die Zweifel am Werterhalt (Kaufkrafterhalt) werden, desto weniger ist man bereit das Geld zu halten. Man wird zu Zurückhaltung nur bereit sein, wenn die Zinsen, die man für den Konsumverzicht erhält, auch den Wertverlust (Kaufkraftverlust) ausgleichen. Deshalb werden auch die Zinsen erhöht um die Inflation zu bekämpfen.

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