Was, wenn Trump gewinnt?

Ich schicke gleich voraus, dass ich mich grundsätzlich nicht zu politischen Positionen oder Strategien der Präsidentschaftskandidaten äußere. Ich kann den Wahlausgang auch nicht beeinflussen, sondern nur als Rahmenbedingung nehmen, wie er kommt. Wer aber die US-Wahl gewinnt und zukünftig das mächtige Amt bekleiden wird, ist selbstverständlich ein wichtiger exogener Parameter für die kommenden Jahre.

In den vergangenen turbulenten Wochen gab es eine Reihe von Ereignissen im US-Wahlkampf, die mich zu diesem Blogbeitrag motiviert haben. Dazu gehören insbesondere: 

  1. Die TV-Debatte am 27. Juni 2024 zwischen Trump und Biden war ein Desaster für Biden und ließ bei den Demokraten alle Alarmglocken schrillen.

  2. Das Schuss-Attentat auf Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania am 13. Juli 2024, aus dem Trump leicht verletzt als republikanischer Märtyrer hervorging, macht ihn zunächst zum klaren Favorit im Wettbewerb um das US-Präsidentenamt.

  3. Am 21. Juli 2024 gab Joe Biden dem wachsenden innerparteilichen Druck nach und zog - nur wenige Monate vor der Wahl im November - nun doch noch seine Kandidatur zurück. Der Rückzug Bidens als demokratischer Kandidat könnte die Karten im US-Wahlkampf wieder neu mischen. Als wahrscheinlichste Nachfolgerin zeichnet sich Vizepräsidentin Kamala Harris ab.

Die genannten Ereignisse haben vielleicht dazu beigetragen, dass sich die Wahlchancen im bisherigen Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Demokraten (Biden/Harris) und Republikanern (Trump) zugunsten von Donald Trump verschoben haben. Joe Biden unterstützte nach seinem Rückzug aus dem Präsidentenrennen erwartungsgemäß seine Vize Kamala Harris als Kandidatin der Demokraten. Ihre Nominierung scheint damit logisch. Derzeit gilt Trump in Umfragen immer noch als Favorit, obwohl Harris einen Blitzstart hingelegt hat und in kurzer Zeit eine Rekordsumme an Spendengeldern generierte. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass unter den zuletzt entmutigten Demokraten wieder neue Euphorie herrscht. Vielleicht gelingt es Kamala Harris, die jungen Wählerschichten mehr anzusprechen und mehr Demokraten zum Wählen zu motivieren und so den Rückstand in den Umfragen wieder wettzumachen. Noch ist es zu kurz, um valide einzuschätzen, ob das Rennen um die Präsidentschaft wieder offen ist. 

Ihr habt euch bestimmt auch schon gefragt, was passiert, wenn Trump die Wahl gewinnt. Ich denke, es gibt Grund genug, um sich mit dieser Frage aus ökonomischer Sicht auseinanderzusetzen. Meine Überlegungen dazu werde ich in diesem Blogbeitrag mit euch teilen.

Was könnte es für die Börsen bedeuten, wenn Trump tatsächlich die US-Wahl gewinnen sollte?

Natürlich kann auch ich nicht wissen, ob Trump oder doch Harris gewinnt und was die Konsequenzen einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps wären sowie welche marktrelevanten Entscheidungen eine Trump-Regierung tatsächlich treffen würde. Alles was ich Ende Juli 2024 dazu sagen kann ist natürlich nur meine Meinung und reine Spekulation und kein Wissen.

Ich kann meine Blogleser*innen aber vielleicht damit unterstützen, indem ich meine Überlegungen und Einschätzungen mit euch teile. Ich werde versuchen, aus Schwerpunkten seiner ersten Amtszeit und seinen öffentlichen Ankündigungen Schlüsse zu ziehen und die Wahrscheinlichkeit möglicher Entwicklungen vorzudenken und abzuwägen. Hoffentlich gelingt es mir dadurch praktisch zu veranschaulichen, wie ich selbst strategische Anlageüberlegungen mit relevanten aktuellen Ereignissen verknüpfe. 

Obwohl das Ergebnis der wichtigen TV-Konfrontation am 27. Juni bestimmt nicht zum Vorteil des Demokraten Biden war, kann man festhalten, dass die Auswirkungen der desaströsen TV-Debatte auf die Börsen in den Tagen danach eher gering ausfielen.

Wäre Biden wiedergewählt worden, wäre er der älteste Präsident in der US-Geschichte und am Ende seiner zweiten Amtszeit 86 Jahre alt gewesen. Viel jünger ist Trump allerdings auch nicht. 

Die Chancen des republikanischen Kandidaten Trump haben sich zweifellos erhöht und die öffentliche Aufmerksamkeit wurde vorerst von seinen zahlreichen Gerichtsverfahren abgelenkt.

Republikanische Präsidenten gelten als positiv für die Börse. Sind pauschale Vorschusslorbeeren wirklich berechtigt?

1. Eine Vergleichsrechnung zwischen Trump (Republikaner) und Biden (Demokrat)

Die erste Amtszeit von Trump sorgte immerhin tatsächlich für eine gute Börsenstimmung. Verwendet man als Maßstab für eine grobe Vergleichsrechnung den marktbreiten S&P 500 Index, zeigt sich folgendes Ergebnis:

Zwischen Nov. 2016 und Nov. 2020 legte der S&P 500 um rund 68 % zu. Teilt man das durch 4, kommt man grob immerhin auf eine Performance von 17 % pro Jahr für seine erst Amtsperiode. Das ist auch im Vergleich mit anderen US-Präsidenten ein respektabler Spitzenwert.

Aber auch Biden kann bei dieser Vergleichsrechnung zwischen November 2020 und Juni 2024 mit einem Zuwachs von 55,6 % bzw. 13,9 % pro Jahr aufwarten. Biden hat aber noch bis November 2024, also fast 5 Monate lang, die Chance, das Ergebnis zu toppen, aber auch noch zu floppen.

2. Zusätzliche Erkenntnisse liefert dazu ein kritischer Blick auf die Performance anderer Präsidenten aus den beiden politischen Lagern

Mit Bill Clinton kann ein weiterer Demokrat für seine 8-jährige Amtszeit zwischen 1993 und 2001 auf einen Performance-Spitzenwert in der Geschichte des S&P 500 verweisen. Die Frage ist natürlich: Was ist an den steigenden Kursen dem politischen Beitrag der Clinton-Administration und was dem Siegeszug des Internets und dem Wachstum der BRICS-Staaten während seiner Amtszeit zuzuschreiben.

Wer vermutet, dass ein republikanischer Präsident im Amt automatisch ein Garant für steigende Aktienkursen sei, wurde beispielsweise von George W. Bush enttäuscht. Seine 1. Amtszeit (2001-2005) war zu Beginn vom Platzen der Dotcom-Blase sowie den Anschlägen von 9/11 auf das WTC geprägt und schließlich ab 2003 vom Irakkrieg. In die 2. Amtszeit (2005-2009) fielen schließlich die US-Immobilienkrise 2007 und die Lehman-Pleite 2008, der eine schwere Bankenkrise folgte, die schließlich in die weltweite Finanzkrise mündete. Fairerweise muss man an dieser Stelle die Frage stellen, ob die politische Dimension der großen Finanzkrise 2008 wirklich alleine George W. Bush zuzuschreiben ist und ob ohne ihn das alles nicht stattgefunden hätte. Geht man nämlich auf Ursachenforschung, kann man zur Schlussfolgerung kommen, dass der Ursprung bereits in den USA der späten 90er-Jahre liegt. Möglicherweise hat die Regierung Clinton mit der Abschaffung des Trennbankensystems, der Deregulierung der Banken sowie die bewusste Nichtregulierung des Derivatehandels jene Büchse der Pandora geöffnete, die Jahre später unter George W. Bush in die Bankenkrise und die große Finanzkrise mündete. Clinton trägt also zumindest eine politische Mitverantwortung an dem Desaster, dass das Ende der 2. Amtszeit vom Bush entscheidend prägte. Immerhin war das Finanzsystem nach den New-Deal-Regulierungsmaßnahmen Roosevelts mehr als 6 Jahrzehnte stabil. Erst ab 1995 unter Bill Clinton und seinem Finanzminister Robert Rubin wurde das in einer Allianz zwischen Politik und wenigen Investmentbankern gezielt geändert, um mit dem „Citibank Law“ die Fusion zwischen dem Finanzkonzern Travelers Group und der damaligen Citibank zur Citigroup zu ermöglichen.

Immerhin schreibt kein Geringerer als der Pulitzer-Preisträger und frühere „Wall Street Journal“-Redakteur Ron Suskind in seinem Buch „Confidence Men: Wall Street, Washington and the Education of a President“, dass damit „das vielleicht desaströseste Stück deregulierender Gesetzgebung seit der Großen Depression“ ermöglicht wurde.

Ein erstes Fazit

Die Bedeutung der Tatsache, ob ein Amtsinhaber dem politischen Lager der Demokraten oder Republikaner zuzuordnen ist, mag zwar völlig überschätzt sein. Trotzdem wird ein Republikaner im Amt von den Börsen zunächst einmal als wirtschaftsfreundlich und als positives Vorzeichen wahrgenommen - zumindest zum Start. Auch wenn das politische Lager für die langfristige Performance möglicherweise gar nicht so entscheidend ist, wie die Beispiele Clinton und Bush uns lehren. Die tatsächlichen Amtsentscheidungen des amtierenden US-Präsidenten haben natürlich Auswirkungen auf die Börsen, aber die Sache ist differenzierter zu betrachten, denn sie bestimmen die Performance nicht alleine. Die Börsenstimmung hat viele Treiber und ist komplexer. Sie hat neben der politischen natürlich auch immer eine ökonomische und kulturelle Dimension.

Welche Schlüsse lassen sich aus der ersten Amtszeit und den Ankündigungen Trumps ableiten?

In seinem zweiten Wahlkampf ist Trump kein unbeschriebenes Blatt mehr.

Nach seiner Wahl zum Präsidenten 2016 nahm die US-Wirtschaft zweifellos Fahrt auf. Sie wurde durch Steuersenkungen und die wirtschaftsfreundliche Politik Trumps ordentlich angekurbelt. Es gab in seiner Amtszeit jedoch eine ganze Reihe umstrittener wirtschafts-, klima- und sicherheitspolitischer Entscheidungen, die kontrovers diskutiert wurden.

Auf der Suche nach Indizien, ob eine mögliche zweite Amtszeit Donald Trumps für Anleger eine erfolgreiche Periode werden könnte, werde ich versuchen, Schlüsse aus wichtigen Weichenstellungen seiner ersten Amtszeit sowie aus bekannten öffentlichen Ankündigungen zu ziehen. Dazu ein paar Schlagwörter zur Erinnerung:

  • „America First“ bringt Trumps ungebrochene Neigung zu Protektionismus zum Ausdruck und lässt u. a. höhere Einfuhrzölle und niedrigere Steuern erwarten. So schlug Trump beispielsweise vor, die Einkommensteuer durch Zölle zu ersetzen. Die Biden-Administration war China bereits nicht wirklich wohl gesonnen. Trump ging das trotzdem nie weit genug. Droht im Falle einer 2. Amtszeit Trumps nun ein verschärfter Handelskrieg mit China und Zölle auf breiter Front?

  • Bestimmt erinnern sich noch viele an seine restriktive Migrationspolitik oder

  • sein zweifelhaftes Verhältnis zur NATO und ihren Verbündeten, sowie

  • seinen Alleingang beim Rückzug aus dem Atomabkommen mit dem Iran und Wiederinkraftsetzung der Sanktionen, und später seine wiederholte Forderung nach strengeren Sanktionen gegen iranisches Öl.

  • Schon in seiner ersten Präsidentschaft kehrte Trump dem Pariser Klimaabkommen den Rücken und forcierte Fracking, um Amerika unabhängiger von ausländischem Öl zu machen und den Ölpreis niedrig zu halten. Eine zweite Trump-Präsidentschaft zeichnet ebenfalls ein düsteres Bild für die US-Klimapolitik. Das, was Trump „Green New Scam“ nennt, klingt nach „volle Kraft zurück“.

Ich wage die Behauptung, dass eine Wiederwahl Trumps die positive Grundstimmung an den Börsen eher nicht negativ beeinflussen würde, denn vor allem die Aussichten auf eine Zinswende befeuern wohl aktuell die Märkte. Eine neuerliche Präsidentschaft würde möglicherweise eher als positiv für die Wirtschaft eingeschätzt werden. Es wäre jedoch auch sehr wahrscheinlich, dass die Verunsicherung an den Märkten zunehmen und aufgrund seines oft erratischen Verhaltens uns volatile Zeiten bevorstehen würden.

Welche Wirtschaftssegmenten oder Assetklassen könnten von einem Wahlsieg Trumps profitieren?

Hier ein Überblick über meine Überlegungen betreffend Chancen und Risiken verschiedener Wirtschaftssegmenten und Assetklassen im Fall einer Wiederwahl Trumps:

Der „Krypto-Präsident

Trump ist ein Befürworter von Kryptowährungen und möchte, dass Amerika als „Krypto-Superpower“ eine führende Rolle am Krypto-Währungsmarkt übernimmt. So sprach er zuletzt am 27. Juli auch auf der Bitcoin-Konferenz 2024 in Tennessee, um sich die Stimmen der Branche zu sichern. Dabei wurde er nicht müde, die Bitcoin-Community für ihre großen Errungenschaften zu loben und verglich Kryptowährungen mit Gold und Silber und prognostizierte ihnen eine große Zukunft. Einmal mehr beschwor er in seiner Rede sein bekanntes „America First“-Mantra. Auch seine Ankündigung, den in der Bitcoin-Community unbeliebten Chef der Börsenaufsicht (SEC) Gary Gensler am ersten Tag seiner möglichen Präsidentschaft zu entlassen, spricht Bände - betonte Gensler doch erst kürzlich, dass Krypto einen überproportional großen Teil der Betrügereien und Probleme an den Märkten verursache.

All diese Indizien sprechen im Falle eines Wahlsiegs Donald Trumps für ein positives Marktumfeld für Kryptowährungen. 

Die Einflussnahme auf die US-Notenbank

wird zunehmen und ihre Unabhängigkeit unter einem Präsidenten Trump herausgefordert werden. 

Jerome Powells zweite Amtszeit als Vorsitzender der US-Notenbank (FED) endet 2026. Sollte Trump die Wahl gewinnen und sollte Powell bis dahin im Amt bleiben, ist eine Verlängerung seines Mandats doch höchst unwahrscheinlich. Jerome Powell genießt das Vertrauen der Marktteilnehmer. Das Ende seiner Amtszeit würde in einem solchen Szenario vermutlich für besondere Verunsicherung sorgen.

Die Zinsen könnten unter dem Druck eines Präsidenten Trump eher sinken, was allerdings auch die Inflation treiben könnte. Sinkende Zinsen sprechen für einen schwachen Dollar, steigende US-Anleihekurse und positive Rahmenbedingungen für Gold. Ich rate zu Gold nur als klassische Sicherheitsbeimischung und nie als Spekulationsobjekt. Wer nicht schon etwas davon besitzt, könnte vielleicht jetzt darüber nachdenken. 

Klima- und Energiepolitik

Schon in seiner ersten Amtszeit kehrte Trump dem internationalen Kampf gegen den Klimawandel den Rücken und erklärte 2017 den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen. Die Aussichten hinsichtlich US-Klimapolitik wären im Falle einer zweiten Präsidentschaft Trumps wohl düsterer. Das, was Trump „The Green New Scam“ nennt, klingt nach „Volle Kraft zurück“. Die Klima- und Energiepolitik unter einer Trump-Administration wird nach seinen Ankündigungen eine ganz andere Richtung nehmen als unter Biden, und Öl und Gas werden wohl neuen Auftrieb erhalten. Demgegenüber könnten Aktien aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien (allen voran Offshore-Windparks) unter Druck geraten.

Nicht ganz eindeutig ist Trumps Haltung zu Elektrofahrzeugen. Ebenso wenig eindeutig ist das Verhältnis zwischen Donald Trump und Elon Musk, der jahrelang die Demokraten unterstützte und jetzt maßgeblich den Wahlkampf des Republikaners Donald Trump finanziert. Erst jüngst hat Trump im Rahmen seiner Rede bei der Republican National Convention (RNC) 2024 in Milwaukee angekündigt, am ersten Tag seiner Präsidentschaft das „US Electric Vehicle Mandate“ der Biden-Administration zu beenden, das zum Ziel hat, dass bis 2032 zwei Drittel der in den USA verkauften Autos Elektrofahrzeuge sein sollen.

Das „America First“-Mantra

In seiner ersten Amtszeit setzte Trump bereits auf Protektionismus und Strafzölle. Im Falle seiner Wiederwahl dürfte ein Präsident Trump die USA noch stärker in die Isolation führen, und es ist ein Handelskrieg mit China zu befürchten. Auch Joe Biden war China nie wohlgesonnen. Er behielt nicht nur die unter Trump eingeführten Zölle bei, sondern fügte sogar weitere hinzu und limitierte Exporte von Hochtechnologie (Chips, Quantencomputing und künstlicher Intelligenz). Trotzdem ging das Trump nie weit genug. Ob Trump Exporte nach China tatsächlich weiter begrenzen oder das Geschäft mit Hochtechnologie weiter einschränken würde, bleibt abzuwarten.

Logischer Leidtragende des Protektionismus wäre wohl vermutlich neben China auch der europäische Exportweltmeister Deutschland. Und was für Deutschland gilt, dürfte auch für Europa und möglicherweise auch für Japan gelten.

Die heftige negative Marktreaktion am 17. Juli als Reaktion auf den Bloomberg-Report zu den Überlegungen der Biden-Administration, verschärfte Handelsbeschränkungen für amerikanische Hochtechnologie einzuführen, könnte ein Vorgeschmack auf die Marktreaktion im Falle eines von Trump angeheizten Handelskrieges mit China sein. Die Überlegungen könnten auch den Druck auf westliche Verbündete erhöhen, die Maßnahmen gegen China zu verschärfen. Von den Gewinnmitnahmen besonders betroffen waren jedenfalls auf breiter Front die bisherigen Technologie-High Flyer, besonders aus der Halbleiterbranche.

Pauschale Zölle von 10 % auf Importe aus allen Ländern zur Gegenfinanzierung von Steuersenkungen würden wohl alle Produkte für US-Bürger verteuern und die Inflation weiter befeuern.

Der erschwerte Zugang zu Chips und Hochtechnologie könnte zudem die Begehrlichkeiten Chinas auf den wichtigen Chip-Standort Taiwan verstärken. Offen bleibt, ob Trump im Ernstfall auch Taiwan gegen eine Aggression Chinas verteidigen würde. Die Märkte sind nervös und mit Donald Trump steigt die Unsicherheit. Jedes Wort wird derzeit auf die Goldwaage gelegt. So sorgte ein Interview mit Trump diesbezüglich für eine scharfe Korrektur und Gewinnmitnahmen auf breiter Front bei Chipwerten. Weder die USA noch China könnten derzeit auf Taiwan als Chiphersteller verzichten.

Migrationspolitik

Trump wird nicht müde, die Biden-Administration für ihre Migrationspolitik zu kritisieren und behauptet, die USA seien zur „Müllkippe“ für den Rest der Welt geworden. Im besonderen Fokus seiner Kritik steht die Grenze zu Mexiko und er spricht in diesem Zusammenhang von einer beispiellosen Invasion, die er schnell stoppen würde. Trumps restriktive Migrationspolitik könnte negative Auswirkungen auf die US-Konjunktur und das Wirtschaftswachstum haben, da Migranten natürlich auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind, einerseits als Arbeitskräftepool für die US-Wirtschaft und andererseits natürlich auch als Konsumenten für den privaten Konsum, der gerade in den USA für die konjunkturelle Entwicklung bedeutend ist.

Sicherheitspolitik

Trump war in seiner ersten Amtszeit eher an der Beendigung von kriegerischen Konflikten interessiert, als neue militärische Konflikte einzugehen. Vor allem zeigte er kein Interesse, Geld im Ausland auszugeben. Das führte nicht nur zu Drohungen gegen befreundete Nato-Mitglieder, sondern lässt auch daran zweifeln, ob die USA unter Trump Taiwan im Falle eines Angriffs Chinas unterstützen würden. Bei einer Wiederwahl Trumps müssten die Ukrainer wohl mit weniger Unterstützung rechnen. Er behauptet zudem, der Ukraine-Krieg hätte mit ihm als Präsident nie stattgefunden und er sagte wiederholt, dass er den Ukraine-Krieg am ersten Tag seiner Amtszeit beenden wird. Trump ist immer für eine Überraschung gut, einen konkreten Ukraine-Plan hat er jedoch noch nicht vorgelegt.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird er eine stärkere Beteiligung und höhere Rüstungsausgaben von den europäischen Verbündeten einfordern. Spätestens nach einem Ende des Ukraine-Krieges könnten die USA unter Trump einen Teil ihrer Truppen in Europa abziehen und Ausgaben im Ausland sparen.

Ein solches Szenario könnte europäische Rüstungsaktien und Gold als Sicherheitsbeimischung begünstigen.

Momentumwechsel

Wir bekommen es in den kommenden Monaten wohl nicht nur mit einer politischen Börse zu tun, sondern es könnte auch zu einem Momentumwechsel kommen, insbesondere wenn sich Trump als Favorit bestätigt und die Wahl tatsächlich gewinnt. Die Stimmung könnte insgesamt zwar gut bleiben, jedoch die Haupt-Profiteure könnten dann andere sein. Der Fokus der Anleger könnte sich von den großen Technologie-Schwergewichten wie den Magnificent Seven in Richtung Small & Mid Caps und Old Economy verlagern.

Resümee

Die gute Nachricht: Die Marktwirtschaft - und auch das demokratische System - haben sich in der Vergangenheit stets als resilient erwiesen. Das war auch in und nach Trumps erster Amtszeit so. Die historischen Indizien berechtigen also zur Hoffnung, dass das Wohl und Weh der Wirtschaft und der US-Demokratie nicht von Trump abhängig ist.

Für ein hinreichend wahrscheinliches Urteil mag es jetzt noch zu früh sein. Nicht jedoch, um die Nachrichtenlage aufmerksam in Bezug auf die oben genannten Indizien zu verfolgen und auf bestätigende oder falsifizierende Signale zu achten. Auch hier bei finconaut werden wir die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen.

Bis zumindest zur Wahl im November werden wir uns wohl auf volatilere und nervösere Märkte einstellen müssen. Das ist einerseits nur saisonal bedingt und andererseits in diesem Jahr aufgrund der Unsicherheit betreffend US-Wahlkampf verstärkt. Dazu kommen Unsicherheiten betreffend die zahlreichen geopolitischen Konfliktherde, die Inflationsentwicklung sowie den Zeitpunkt und das Ausmaß von Zinssenkungen in Europa und den USA.

Ob Trump die Wahl gewinnt oder nicht und ob die Tatsache, dass er Republikaner ist, von den Markteilnehmern als gutes oder schlechtes Omen gewertet wird, und ob Trump im Falle seiner Wiederwahl einen neuen Wirtschaftsboom auslösen könnte, kann leider niemand mit Sicherheit vorhersagen.

Politische Börsen haben in der Regel kurze Beine. Somit bleibt zu hoffen, dass an der grundsätzlich positiven Tendenz und an den großen Megatrends unserer Zeit wohl auch eine neue Amtszeit von Donald Trump langfristig wenig ändern wird. Wahrscheinlich ist, dass die Börse statistisch gesehen der beste Platz bleibt, um langfristig erfolgreich Vermögen aufzubauen. Dazu braucht man eine fundierte Meinung sowie manchmal starke Nerven und einen langen Atem. Denn kurz- und mittelfristig kann es schon mal turbulent werden. Das muss man dann auch aushalten können. Ein vorbereiteter Geist hilft dabei und kann genau den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen.

Leser*innen, die sich strategisch vorbereiten möchten, um Nerven zu sparen, müssen am Ende für sich selbst entscheiden, ob die hier aufgestellten Thesen plausibel und wahrscheinlich genug sind. Die Dringlichkeit, konkrete Handlungen zu setzen, wird aber auch davon abhängen, wie stark das eigene Portfolio von den angesprochenen möglichen Konsequenzen betroffen sein könnte.

Diversifikation ist IMMER das Gebot der Stunde, um sein Geld vor der Unsicherheit der Zukunft zu schützen. Bei einem gut ausbalancierten Portfolio darf man sich auch mal irren, ohne zu schlimme Folgen befürchten zu müssen. Mit einer vernünftigen Risiko-Streuerung und einem ausgewogenen Portfolio macht man also nie etwas falsch und es beruhigt die Nerven. Für diese Sicherheit kann man im Zweifel auch mal auf ein bisschen Performance verzichten. Das Halten eines angemessenen Liquiditätspolsters, der ermöglicht, im Notfall aktiv Chancen nutzen zu können, hat auch noch nie geschadet.

Apropos ausbalanciertes Portfolio:

Meinen nächsten Blogbeitrag im August plane ich einem brandaktuellen Thema zu widmen, nämlich dem Thema „Megatrends erkennen und nutzen“. Das Setzen auf Megatrends stellt ein Kernstück meiner Vorsorgephilosophie dar, um die Chance auf eine stabilere Performance zu erhöhen.

Zurück
Zurück

Wenn die Angst regiert

Weiter
Weiter

Ein Krisen-Erfahrungsbericht - „Anlegen im perfekten Sturm“ Praxisbeispiel Corona-Crash 2020