Jahresrückblick 2024
Zum Jahresende macht sich an den Börsen die Feiertagsstimmung breit. Nur noch wenige Anleger*innen sind an den letzten Handelstagen noch aktiv. Viele haben ihre Positionen bereits geschlossen und genießen die Feiertage mit Familie und Freunden. Die Börsenumsätze sind dementsprechend eher dünn. Zwar dominieren die roten Vorzeichen, insgesamt halten sich die Kursverluste aber in Grenzen. Nutzen wir die Ruhe und die Feiertagsstimmung um Bilanz zu ziehen.
Das war 2024
2024 war ein sehr starkes Börsenjahr. Mit den meisten klassischen Assetklassen konnte man Geld verdienen. Allen voran mit Edelmetallen (wie Gold und Silber) und Aktien. Besonders wer in US-Aktien veranlagte wurde mit hohen Kursgewinnen verwöhnt. Das Jahr war jedoch in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Was man zu den Rahmenbedingungen des Jahres 2024 feststellen kann, ist dass das Umfeld 2023 rückblickend betrachtet gar nicht so übel war. Denn wohin man auch blickte, das Jahr war geprägt von Unsicherheit:
über die Politik des wiedergewählten Donald Trump,
über die Inflation und die Zinspolitik der Notenbanken,
über die Zukunft der NATO,
über den Kriegsverlauf in der Ukraine,
über die weitere Entwicklung im Nahen Osten,
über die politische Zukunft Frankreichs.
Dann steckt auch noch Deutschland, die wichtigste europäische Volkswirtschaft, tief in einer politischen und wirtschaftlichen Krise.
Unsicherheit wohin man schaute und trotzdem Börsen-Rekorde. Wie passt das zusammen?
Schlechter konnte das Umfeld also gar nicht sein. Trotzdem feierten die Börsen 2024 einen Rekord nach dem anderen. Wie passt das zusammen?
Wenn ich nach ökonomischen Erklärungen suche, fällt mir nicht viel ein. Selten haben sich die Börsen derart abgekoppelt. Jedes der genannten Krisenthemen hat normalerweise das Potenzial, die Börsen mindestens zu dämpfen.
Viele fragen sich auch, wie es möglich ist, dass der DAX 2024 Rekorde feiert und erstmals über die magische 20.000-Punkte-Marke klettert, während Deutschland mit einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise zu kämpfen hat.
Das wird ökonomisch gerne damit erklärt, dass die überwiegende Zahl der DAX-Unternehmen sehr exportorientiert ist. Diese Tatsache macht den DAX von Binnenkonjunktur und Binnenbachfrage tatsächlich relativ unabhängig. Von den Unsicherheiten 2024 war jedoch nicht nur Deutschland betroffen, sondern die Märkte diesseits und jenseits des Atlantiks.
Was war am 18.12.2024 los?
Es war der Tag der Zinsentscheidung der US-Notenbank FED. Der Leitzins wurde erwartungsgemäß um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Soweit so gut. Doch in seiner Pressekonferenz versetzte Fed-Chef Jérôme Powell den Erwartungen auf weitere Zinssenkungen einen herben Dämpfer. Er signalisierte, dass sich die US-Notenbank dem Ende ihres geldpolitischen Lockerungskurses nähert und dass deutliche weitere Lockerungen von der FED kaum noch zu erwarten sind. Erwartet wurden 2025 jedoch mindestens vier weitere Zinssenkungen. Die Botschaft war unerwartet deutlich und schockte die Märkte. Was in der letzten Börsenstunde des 18.12. an den US-Börsen folgte, war ein heftiger Abverkauf. Die kritischen Aussagen von Powell konnten angesichts drohender inflationstreibender Maßnahmen der Trump-Administration eigentlich nicht völlig überraschend kommen. Wie auch immer, Powell setzte der Jahresendrally am 18.12. ein abruptes Ende. Der Technologie-Index NASDAQ 100 verlor 3 % und der Volatilitätsindex VIX stieg kräftig (von 7,39 am 16.12. auf 12,44 am 20.12. um nahezu 60 %). Die Konjunktur und der Arbeitsmarkt in den USA erwiesen sich im Jahresverlauf als äußerst robust. Aus diesem Grund gibt es in den USA, im Gegensatz zu Europa, keinen besonderen geldpolitischen Handlungsdruck für die Notenbank. Im Rahmen der Notenbanksitzung am 29. Jänner 2025 wird dementsprechend keine weitere Zinssenkung mehr erwartet, stattdessen sind Zinserhöhungen in der zweiten Jahreshälfte 2025 nicht mehr gänzlich auszuschließen, allerdings sind solche aktuell nicht sehr wahrscheinlich. Mehr zur Zinsentwicklung im Jänner-Blog zum „Ausblick 2025“.
Das neue Jahr hinterlässt mit dem Amtsantritt von Donald Trump in drei Wochen (am 20.1.2025) schon jetzt seine Spuren
Vielen bereitet das berechtigte Sorgen. Man wird ihn aber letztendlich an seiner tatsächlichen Politik messen müssen. Grundsätzlich erwartet man von der Trump-Administration einen wirtschaftsfreundlichen Kurs.
Trumps wirtschaftspolitisches Vorbild soll der argentinische Präsident Javier Milei sein. Er ist ein Vertreter der sogenannten"Österreichischen Ökonomischen Schule". Seine Politik der Kettensäge ist von einem strengen Sparkurs geprägt und zeigt nach nunmehr einem Jahr Amtszeit positive Wirkungen. Es gelang ihm immerhin in kürzester Zeit die Inflation (von 25 auf 3,5 %) zu senken und das Staatsdefizit von 9 % in einen Überschuss zu drehen. Der USD verlor gegenüber dem Pesos im Jahresvergleich rund 26 % und der argentinische Aktienindex Marval stieg in vergangenen Jahr gar um rund 154 %. Der radikal liberale Kurs hat natürlich auch Schattenseiten. So ist in der Regierungszeit Mileis die Armutsquote kräftig gestiegen. Wie auch immer, Milei wird von der europäischen Presse weitgehend ignoriert oder wird als Verrückter abgetan. Dabei gelang es Milei, Argentinien durchaus zum Positiven zu verändert. Die wenigsten können sich noch erinnern, dass Argentinien einmal eines der reichsten Länder der Welt war. Mehr Informationen zu diesem Thema plane ich für den nächsten Blogbeitrag zum „Ausblick 2025“.
Obwohl das Sentiment 2024 also von großer Unsicherheit geprägt war, war es trotzdem ein besonders erfolgreiches Jahr für mutige Anlegerinnen und Anleger, die trotz der vielen Unsicherheiten investiert waren. Vielleicht, weil in unsicheren Zeiten, wenn die Staatsschulden hoch sind und Investitionsängste und geopolitische Konfliktherde die Nachrichten dominieren, die Anlage in Substanzwerte wie Aktien und Edelmetalle nicht die schlechteste Idee ist. Wer möchte in einer verschuldeten Welt, die von politischer Unsicherheit und Kriegsherden geprägt ist, schon mit seinen Spareinlagen Gläubiger von Banken und Staaten sein. Ich empfehle als Hintergrundinformation den hilfreichen Blogbeitrag „Die Geldillusion - Ein klassischer Urteilsfehler“ vom 8.3.2024.
Ist eine Erklärung vielleicht in der Psychologie der Marktteilnehmer zu finden?
Von den klugen und zeitlosen Weisheiten von André Kostolany kann man auch heute noch viel über die Psychologie der Börse erfahren. Nicht nur über das Verhalten der anderen Marktteilnehmer, sondern auch über eigene Verhaltensmuster. Ich werde einige seiner klugen Zitate nun aufgreifen und darauf Bezug nehmen.
„Buy the Dip“ - soll heißen, nutze Kursrücksetzer zum Kauf
Ich denke, wir müssen uns weiterhin auf starke Schwankungen einstellen. Ich bleibe aber grundsätzlich optimistisch. Wir werden aber wohl weiterhin starke Nerven brauchen. Das Jahr 2024 hat uns jedoch gelehrt, dass - so schmerzlich Kursrücksetzer sein mögen - sie doch eine gesunde Entwicklung darstellen und immer wieder auch neue Chancen und Einstiegsmöglichkeiten bei Unternehmen mit stabilem Geschäftsmodell und starker Marktposition eröffnen. Gerade für uns langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger ist das eine vielversprechende Strategie.
Wer diesen Blog regelmäßig verfolgt, weiß, dass André Kostolany ein wichtiges Vorbild für mich war. Es waren seine klugen Weisheiten, die mich für die Psychologie der Börse und die Verhaltensökonomie sensibilisiert haben. Wie viel Wahrheit und Weisheiten in seinem praktischen Erfahrungswissen steckt, habe ich oft erst später richtig verstanden. Der von mir sehr geschätzte Altmeister der Börse sagte beispielsweise einmal:
„Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen.
Wie wahr. Irgendwann versteht man, dass die aufwändigen Optimierungsbemühungen einfach nichts bringen. Wenn es mal zufällig gelingt, ist das reine Glückssache. Viel wahrscheinlicher ist es, dass man den Kursen zögerlich hinterherrennt, bis es zu spät ist. Da ist es viel erfolgversprechender, Aktien, von denen man überzeugt ist, in zwei Schritten zu kaufen und etwas Geduld zu haben. Finanzielle Freiheit entsteht schließlich nicht über Nacht, sondern über Jahre. Ganz ohne Mut und Durchhaltevermögen wird es nicht gelingen. Für eine erfolgreiche Veranlagung braucht man aber kein Finanzgenie zu sein und Glück braucht man auch nicht. Wer diesen Blog regelmäßig verfolgt, erfährt, was man als Anleger*in wissen sollte, um Orientierung in schwierigen Zeiten zu finden und um bei der Veranlagung langfristig erfolgreich zu sein. Du wirst schnell erkennen, Anlageerfolg ist erlernbar! Im finconaut Finanz-Blog findest Du die Verhaltensregeln, die nicht nur die Qualität Deiner Entscheidungen verbessern, sondern Dir auch dabei helfen, in schwierigen Zeiten einen kühlen Kopf zu bewahren. Dann fehlt für Deinen Anlageerfolg nur noch Disziplin und Geduld. Das Ziel kann nicht schneller Reichtum sein. Das wäre nicht seriös. Die Börse ist schließlich keine Autobahn, wo man mit Autopilot schnell reich wird. Die Börse ist aber der beste Ort, um Dir und Deiner Familie einen fairen Anteil am Wohlstandszuwachs zu sichern. Auch 2024 war wieder ein Beweis dafür und die klaren Worte Kostolanys lassen auch keine Frage offen:
„Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wie man schnell reich wird. Ich kann ihnen aber sagen, wie man schnell arm wird: indem man versucht, schnell reich zu werden.“
Das nächste Jahr könnte von starken Schwankungen geprägt sein. Wie man damit umgehen kann, und ob gemanagte Fonds zukünftig vielleicht eine Renaissance erleben werden und gegenüber den beliebten kostengünstigen ETFs wieder Terrain gut machen könnten, darauf werde ich im nächsten spannenden Jänner-Blog zum „Ausblick 2025“ eingehen.
„Time in the Market“ schlägt langfristig immer „Timing the Market“
Was bedeutet das? Eine kurze Erklärung: Es gibt Anleger, die darauf spekulieren, zum richtigen Zeitpunkt ein- und auszusteigen, nämlich dann einzusteigen, wenn die Kurse am tiefsten sind, und am höchsten Punkt wieder auszusteigen. Die Chance, dass so ein perfektes Timing gelingt, liegt allerdings nahezu bei null. Fidelity hat in einer Analyse nachgewiesen: Wer in der Vergangenheit über einen langfristigen Zeithorizont immer in Aktien investiert war, sparte nicht nur Zeit und Mühe, sondern erzielte sogar regelmäßig eine bessere Performance als jene, die zwischendurch ausgestiegen sind und dann oft die zehn besten Tage des Jahres verpassten; diese sind aber für die Performance entscheidend.
Mehr dazu, warum perfektes Timing eine Illusion ist, kannst du unter anderem im Blog des letzten Monats lesen. Natürlich hat Kostolany auch dazu eine kluge Weisheit parat: