Megatrends erkennen und nutzen
Ein Trend verbindet quasi die Gegenwart mit der Zukunft. Aber was macht einen Trend zum Megatrend?
Megatrends haben immer eine langfristige strukturelle Komponente, die viele Bereiche der Gesellschaft verändert, wodurch Megatrends durch eine gewisse Unumkehrbarkeit gekennzeichnet sind.
Durch den gesellschaftlichen Verarbeitungsprozess erleben jene Unternehmen dann eine oft anhaltende „Sonderkonjunktur“. Nämlich jene Unternehmen, denen es gelingt, einen solchen Megatrend zu erkennen und mit ihrem Geschäftsmodell erfolgreich zu unterstützen - indem sie beispielsweise Basisinfrastruktur bereitstellen oder eben Mehrwert-stiftende Produkte und/oder Dienstleistungen für Endverbraucher*innen produzieren. So entstehen langfristig begünstigte Expansionsmärkte, die sich auch zu eigenen abgrenzbaren Subtrends eines Megatrends entwickeln können. Ich persönlich setze deshalb gerne auf Megatrends, weil ich nach mehr als drei Jahrzehnten sagen darf, dass die Investition in Megatrends durch eine gewisse Abkopplung von allgemeinen konjunkturellen Schwankungen mehr Ergebnis-Stabilität ins Portfolio bringt und die Wahrscheinlichkeit einer Verbesserung der langfristigen Rendite erhöht. Wer möchte das nicht? Beides sind daher auch wichtige Ziele meiner Anlagestrategie.
Was macht einen Trend zum Megatrend?
Megatrends zeichnen sich durch sehr langfristige große Veränderungen aus, die die Welt und unseren Alltag tatsächlich nachhaltig verändern. Aus einem übergeordneten Megatrend können sich nicht nur ökonomisch abgrenzbare Subtrends (wie beispielsweise Biotechnologie, Medizintechnik, Versicherung (Pflege- und private Krankenversicherungen) zum Megatrend Health Care) entwickeln, sondern andere Megatrends können durch Wechselbeziehungen verstärkt oder abgemildert werden. Auch können Events wie zum Beispiel die Corona-Pandemie Megatrends selbstverständlich beeinflussen und deren Richtung und Schwerpunkte ändern. Umkehrbar ist ein Megatrend jedoch kaum.
Was Megatrends betrifft ist auch der Umstand nicht zu vernachlässigen, dass Technologien an kulturellen Themen scheitern können, wie beispielsweise "Pflegeroboter", die neben der Funktionalität das wichtige und verständliche Bedürfnis nach menschlicher Nähe außer Acht lassen und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit trotz des Pflegekräftemangels nicht durchsetzen werden können.
Märkte nehmen also schon die reine Vision wahr und reagieren. Dabei ist nicht zu vergessen, dass es sich zunächst oft nur um eine Hoffnung handelt. Bei der spekulativen Jagd nach Rendite ist jedoch oft noch nicht klar, ob aus der Vision aber tatsächlich ein erfolgreiches Geschäftsmodell wird. So muss beim KI-Hype auch erst belegt werden, ob sich die Investitionen rechtfertigen. Mit Spannung wird die Präsentation der Quartalsergebnisse am 28.8.2024 von NVIDIA erwartet. Ob die Preisentwicklung sowie die Nachfrage nach NVIDIA-Chips als Basistechnologie für KI dem Unternehmen tatsächlich nachhaltige Umsätze sichert und der enorme Kurssprung gerechtfertigt ist, wird einmal mehr kritisch beobachtet werden. NVIDIA ist es jedoch schon wiederholt gelungen, positiv zu überraschen. Das Enttäuschungspotenzial und die Fallhöhe sind jedenfalls groß und damit auch das Risiko.
Die Merkmale kurz zusammengefasst:
Langfristigkeit - erstreckt sich über Jahrzehnte
Übergreifend - betrifft mehrere Branchen und Gesellschaftsbereiche
Widerstandskraft - verändern zwar die Richtung, ist aber kaum umkehrbar
Wie kann man in Megatrends investieren?
Einen Megatrend identifizieren
Um in einen als solchen für sich erkannten Megatrend (oder Subtrend eines Megatrends) zu investieren, muss man zunächst davon überzeugt sein. Es macht beispielsweise keinen Sinn, in einen Megatrend Klimawandel zu investieren, wenn man den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Prognosen dazu nicht glaubt und auch nicht an die Folgen und Maßnahmen, die in Zukunft möglicherweise unseren Alltag verändern werden.
Profiteure finden
Als nächster Schritt ist es wichtig zunächst einmal ökonomische Trend-Profiteure zu identifizieren. Dazu zählen “Trend-Ermöglicher”.
Dabei lassen sich zwei grundsätzliche Hauptgruppen unterscheiden:
Anbieter von Infrastruktur und Basistechnologie
Anbieter von nutzenstiftenden Produkten und Dienstleistungen für Endverbraucher*innen und/oder andere Unternehmen
Portfolio-Check
Hat man mögliche Profiteure identifiziert, macht es Sinn, zunächst sein bestehendes Portfolio zu checken, ob es zumindest konsistent zum Megatrend ist. D. h. im Idealfall enthält es bereits den einen oder anderen Profiteur aus einer der Hoffnungsbranchen, jedenfalls aber keine möglichen Trend-Verlierer.
Das Portfolio nachschärfen
Ist man nach dem Portfoliocheck mit der bestehenden Portfoliozusammensetzung und -gewichtung nicht zufrieden, muss man gegebenenfalls über Verkäufe aus dem Bestand nachdenken. Die gewonnene Liquidität kann dann für Käufe genutzt werden, bis die Portfoliostruktur den Zielen und Erwartungen entspricht. Trotz langfristiger Ausrichtung empfehle ich, einen regelmäßigen (zumindest jährlich) und bewussten Portfoliocheck durchzuführen. Denn Informationen über die Treiber von Megatrends können (aber müssen nicht) zu einem Favoritenwechsel führen. Megatrends sind zwar kaum umkehrbar, aber sie können natürlich ihre Richtung oder Schwerpunkte ändern oder durch Ereignisse oder Erkenntnisse oder auch durch andere Megatrends beeinflusst werden (z.B. der Megatrend Digitalisierung wurde durch Corona verstärkt, bzw. beschleunigt und es veränderten sich manche Schwerpunkte beispielsweise durch Homeoffice, E-Commerce und E-Medizin). Gedanklich vorbereitete Anleger*innen konnten davon profitieren.
Passende Produkte finden
Dann geht es darum, eine nach den Trend-Erwartungen profitierende Assetklasse (z. B. Aktien, Anleihen, Gold, …) zu wählen und geeignete Produkte zu finden.
Grundsätzlich besteht auch hier die Möglichkeit, entweder selbst ein kleines hinreichend gestreutes Portfolio aus Einzelpositionen zusammenzustellen oder auf Fonds zu setzen. Bei der Fondsauswahl ist auf folgendes zu achten: Bei gemanagten Fonds kann man auf die Expertise der Fondsmanager und deren Team zurückgreifen. Dabei muss man jedoch die Kosten im Auge behalten. Dabei ist zu empfehlen, auf das Kosten-Performance-Verhältnis zu achten. Kosten müssen auch durch Performance gerechtfertigt sein, denn die Kosten müssen erst verdient werden - i.d.R. handelt es sich um risikofreie Erträge für den Fondsemittenten und nahezu immer risikobehaftet für Anleger*innen und gehen zulasten des Risk-Return. Deshalb wird die Performance von Fonds regelmäßig VOR Kosten dargestellt. Deshalb möchte ich euch für diesen Punkt beim Fondsvergleich sensibilisieren. Es gibt aber immer auch die Möglichkeit, auf kostengünstigere ETFs zurückzugreifen, die verschiedenste einschlägige Indizes (automatisch) nachbilden. Das Angebot an Fonds ist groß genug, um für nahezu jeden Trend und Anlagebedürfnis ein passendes Produkt zu finden.
Das kann man wie immer selbst machen oder man kann sich dabei unterstützen, beraten und anleiten lassen. Ich persönlich finde es wichtig, im Großen selbst zu entscheiden und sich in den Details der Umsetzung unterstützen zu lassen. Das ist nach meiner Überzeugung ein schneller und effizienter Weg, ohne die Kontrolle über seine Vorsorge ganz aus der Hand zu geben. Aber, wenn Du das liest, dann tust Du das auch nicht.
Immer noch zu abstrakt? Vielleicht helfen ein paar konkrete Beispiele
Ergänzend zur Verdeutlichung und Konkretisierung eine kurze Beschreibung von drei konkreten Megatrends unserer Zeit:
BEISPIEL 1 > Megatrend Demografie
Die Alters- und Wohlstandsstrukturen in der Bevölkerung befinden sich weltweit im Wandel. Die erste Welt wird immer älter und in der zweiten und dritten Welt entwickelt sich ein breiterer Mittelstand. Zudem kommt es wohl zu einer Verschiebung des Wohlstandes insgesamt. Profiteure könnten langfristig beispielsweise China, Indien und Südamerika sein, während Europa und die USA an Boden verlieren. Insbesondere drei Entwicklungen begründen diesen Megatrend:
Die Weltbevölkerung
wächst stark > lt. der Vereinten Nationen wächst die Weltbevölkerung von derzeit 8 auf geschätzte 11 bis 12 Mrd. bis 2100, d.h. um ca. 50 %!
wird älter > lt. WHO wird bereits 2030 jeder sechste Mensch über 60 sein.
und wird wohlhabender > insbesondere in den Schwellenländern wie China und Indien gibt es eine schnell wachsende Mittelschicht. Damit profitiert die Bevölkerung von einem verbesserten Lebensstandard und dem medizinischen Fortschritt. Die mit der wachsenden Mittelschicht verbundene wachsende Kaufkraft und Wohlstand in den Schwellenländern sorgt für eine steigende Nachfrage und lässt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Ankurbelung des globalen Konsums erwarten. Aber neben der Konsumgüterindustrie könnten beispielsweise auch Hersteller von Kosmetikartikeln, Luxusprodukten von der resultierenden steigenden Nachfrage profitieren.
Es gibt auch eine gute Wahrscheinlichkeit, dass zukünftig mehr Geld in "Healthcare-Themen" fließt und die Nachfrage nach Arzneimitteln steigt.
Die Pharmaindustrie profitiert systematisch von älter werdenden Menschen und der Zunahme von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Fettleibigkeit/Übergewicht in den Schwellenländern sowie dem daraus resultierenden steigenden Arzneimittelbedarf.
Der prognostizierte demografische Wandel eröffnet also umfangreiche Chancen. Bestimmte Branchen sollten überproportional von der wachsenden Nachfrage profitieren. Schließlich steigt mit dem wachsenden Wohlstand und der wachsenden Lebenserwartung auch der Bedarf an Sparprodukten zum Ausgleich der sog. Pensionslücke und nach privaten Kranken- und Pflegeversicherungen. Neben Gesundheitsdienstleistungen und -produkte zählen dazu beispielsweise auch Biotech und Medizintechnik, Healthcare-Themen, die Kosmetikindustrie, Krankenhäuser und Pflegeheime.
Aber auch die Versicherungs- und Finanzbranche sollte wie gesagt zu den Profiteuren gehören. Schließlich brauchen immer älter werdende Menschen Sparprodukte zur Vorsorge für den Ruhestand.
Auch die Tourismusbranche könnte zu den Gewinnern zählen, da ältere Menschen und die wachsende Mittelschicht in den Schwellenländern mehr reisen.
Nicht zuletzt wird auch die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung eine echte Herausforderung für die Lebensmittelindustrie und für die Wasserversorgung. Wer hier Lösungen anbieten kann, ist bestimmt ganz vorne dabei. Trend-verstärkend wirkt jedenfalls auch die Wechselbeziehung zwischen den Megatrends Demografie und Klimawandel.
Auch das aktuelle Thema KI sollte wichtige und notwendige Produktivitätssteigerungen ermöglichen. So könnten Subtrends zum Megatrend Digitalisierung, nämlich „Technologie und Automatisierung“ verstärkt werden und von einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung, strukturellen Arbeitskräftemangel und einer älter werdenden Bevölkerung zusätzlich profitieren.
BEISPIEL 2 > Megatrend Digitalisierung
Abgrenzbare Subtrends entwickeln sich gerade anfangs oft um erfolgversprechende Basistechnologien. Z.B. ist eine hohe Nachfrage nach Speicherplatz und Speicherbeschleunigung eng mit KI verbunden, was die großen Speicher-Anbieter begünstigen wird. Das verspricht hohe Wachstumsraten in den kommenden Jahren. Die Sonderkonjunktur könnte in den kommenden Jahren die gesamte Cloud-Computing-Sparte beflügeln, die den Trend mit entsprechenden Produkten, Diensten und Software bedient.
Zu relevanten Subtrends gehören somit beispielsweise: E-Commerce, Internet der Dinge (Onlineverknüpfung von Geräten), E-Medizin, bargeldloses Zahlen, KI mit Big-Data-Verarbeitung, Cloud-Computing, Automatisierung und Robotik, autonome Systeme, Sprachmodelle und Chatbots, Cybersecurity .
Spätestens die Freigabe der erweiterten Version von ChatGPT 3 durch OpenAI im März 2023 verhalf KI nach meinem Verständnis als Subtrend zum Megatrend Digitalisierung zum breiten Durchbruch und löste nahezu einen KI-Hype aus, der immer noch anhält (⚠️siehe dazu auch den Blogbeitrag vom 5.4.2023. > „Market.Talk: Künstliche Intelligenz – ChatGPT von OpenAI“).
Eng verbunden mit KI ist auch die zunehmende Bedrohung durch Cyber-Risiken wie beispielsweise Phishing und Datendiebstahl sowie damit verbundene Lösegeldforderungen. Neben dem KI-Hype und beispielsweise den digitalen Subtrends „Cloud-Computing“ und „Internet der Dinge“ verhelfen dem Thema Cybersecurity zu einer Sonderkonjunktur und versprechen auch dieser Branche die Chance auf hohe Wachstumsraten. Regulatorik und notwendige Investitionen werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv auswirken.
Was Megatrends betrifft, ist auch der Umstand nicht zu vernachlässigen, dass Technologien an kulturellen Themen auch scheitern können. Beispielsweise lassen „Pflegeroboter“ neben der Funktionalität das wichtige und verständliche Bedürfnis nach menschlicher Nähe außer Acht . Vermutlich werden sie sich deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit trotz des Pflegekräftemangels nicht durchsetzen.
BEISPIEL 3 > Megatrend Klimawandel
Auch wenn es sich beim Klimawandel um einen wichtigen (vielleicht sogar den wichtigsten) Megatrend unserer Zeit handelt, möchte ich dazu nicht viel sagen. Ich bin überzeugt, wir können uns alle etwas darunter vorstellen. Gerade jetzt im Sommer, wo eine Hitzewelle auf die andere folgt und nahezu jeder Mensch, mit dem ich spreche, über den nachträglichen Einbau einer Klimaanlage nachdenkt, wenn nicht bereits eine installiert ist. Da ist die Diskussion schon fast nebensächlich, ob der Klimawandel nun "menschenverursacht" ist oder nicht. Er wird unsere Zukunft voraussichtlich entscheidend prägen.
Subtrends, die dem Klimawandel zugeordnet werden können, sind u.a. Infrastruktur (z. B. Fernwärme und Fernkälte, ….), Trinkwasseraufbereitung, Recycling, erneuerbare Energie, CO₂, nachhaltige Lebensmittelproduktion, …
Die Investition in Megatrends erhöht die Performance und sorgt gleichzeitig für mehr Stabilität und Chancen
Damit kristallisieren sich schnell Unternehmen und ganze Branchen heraus, die gleich von mehreren Megatrends gleichzeitig profitieren und mit hoher Wahrscheinlichkeit einen langfristig wachsenden Expansionsmarkt und eine Sonderkonjunktur erwarten können.
Da lässt es sich gut investieren und auch gut schlafen! Selbst dann, wenn zwischendurch mal eine schmerzliche Korrektur gibt - auch wenn man nicht (vielleicht noch nicht) Interesse hat und die Zeit fehlt, um die Mühe im Falle krisenhaftet Situationen in Performanceoptimierung stecken zu wollen. Megatrends zeichnen sich durch Resilienz aus und an der Börse ist wie gesagt 2 + 4 -2 = 4 und eben nicht 2 + 2 = 4.
Einfach Geduld mitbringen und sein Erspartes für sich arbeiten lassen …
⚠️ Jetzt wisst ihr , warum Megatrends ein wichtiger Bestandteil meiner eigenen Vorsorgestrategie sind … bei Interesse werde ich zu einem späteren Zeitpunkt einen weiteren Blogbeitrag zum Thema Megatrends veröffentlichen.